Liebe Menschen um uns herum,
gerade ist ja alles anders
und mit den meisten coronabedingten Einschränkungen habe ich hier auf unserer Insel tatsächlich nicht allzu viel zu tun bzw. sie treffen mich nicht besonders hart. Das kann man sicherlich auch anders sehen, denn natürlich machen wir uns auch Gedanken über die Umsetzung der allgemeinen Vorgaben, schmieden Hof-Hygienepläne und sind von fehlenden sozialen- und kulturellen Veranstaltungen betroffen. Am stärksten spüren wir die Einschränkungen im Hofladen, da dieser die Stelle mit dem meisten „Außenkontakt“ ist. Aber vor allem im Vergleich mit der Situation von Freunden und Bekannten geht’s uns einfach gut! Doch bei aller Unbeschwertheit, die wir hier noch genießen dürfen, gibt es auch sehr skurrile Situationen: Die „Freie Ausbildung“ – eine alternative landwirtschaftliche Lehre auf Demeter-Betrieben – lebt von monatlichen Lehrlingstreffen auf den Ausbildungs-Betrieben. Dort bekommen die Azubis Fachinhalte von den Landwirtinnen und Gärtnerinnen vermittelt und lernen auf diese Weise verschiedene Betriebe, Menschen, Herangehensweisen kennen. Eigentlich eine sehr gute Sache mit viel Potential. Aber wie gestaltet man solche Treffen, wenn sich die Menschen nicht treffen dürfen? Wie vermittle ich zum Beispiel das Thema Fruchtfolge und Bodenfruchtbarkeit, wenn ich nicht im Boden graben kann, wenn ich mich nicht mit allen Sinnen dieser höchst komplexen, lebendigen Materie nähern kann? Auf chemischer- und physikalischer Ebene lässt sich das alles erklären. Dafür brauchts aber eigentlich mehr als nur schulische Grundlagen in Chemie und Physik. Es fehlt dann immer noch das Lebendige, was ich zwischen Formeln nicht wahrnehmen kann und welches auch weit mehr ist als nur Formel. Davon kann ich zwar digital berichten und meine Erlebnisse, Entdeckungen und Erfahrungen versuchen weiter zu geben. Aber auch da hakt es wieder: Kommunikation findet doch mit dem ganzen Körper statt, ein verpixeltes Bild und eine verzerrte Stimme reichen da nicht. Das sind Erkenntnisse und Erfahrungen, die viele von uns und Ihnen momentan an verschiedenen Stellen machen. Ob in der Schule, Homeoffice oder eben bei der (Freien-) Ausbildung: das Zwischenmenschliche leidet enorm, mit dem Lockdown sind eben nicht nur das Bildungswesen, die Kultur sowie die Wirtschaft heruntergefahren sondern mit ihnen auch die empathische gegenseitige Wahrnehmung. Deshalb hoffe und freue ich mich auf ein entspannteres, sonniges, kommunikatives Frühjahr und Sommer, in welchem unsere vielen geplanten kleineren Veranstaltungen vielleicht das Defizit im sozialen Miteinander etwas ausgleichen können und fühle mich dabei etwas wie die Maus Frederick (Leo Lionni), die von den Farben und der Wärme des Sommers durch den dunklen, kalten Winter getragen wird. Streichen Sie sich schon mal alle unsere Termine dick und bunt im Kalender an, das macht alleine farblich Hoffnung für die nahe Zukunft!
In diesem Sinne, Ihr Ackerbauer Philipp Hennig