Liebe Kunden,

die Haltung von Nutztieren ist aus emotionaler Sicht immer wieder eine große Herausforderung und schüttelt einen manchmal ganz schön durch. Das wurde mir vor Kurzem wieder bewusst als die letzte Stunde unserer Kuh Ora geschlagen hat und meine Tochter weinend zu mir kam, nachdem sie das Verladen der Kuh für den Weg zum Schlachter beobachtet hatte. Völlig bestürzt war sie darüber, dass diese Kuh nun gehen soll und konnte es nicht verstehen, dass Oras Weg – aus der Sicht der bäuerlichen Nutzer – jetzt dem Ende zugeht.

Für unsere Familie war Ora eine besondere Kuh. Sie fing damals quasi gemeinsam mit mir ihre Karriere im Stall an und ich hatte sofort auf eine gewisse Art das Gefühl mit ihr verbunden zu sein. Bei einem Coaching im Rahmen des Generationswechsels, das vor vielen Jahren innerhalb des Stallteams stattfand, gab es die Frage: „Wenn Du eine der Kühe aus eurem Stall wärst, als welche würdest Du Dich sehen?“ Ich verglich mich damals mit der Jungkuh Ora, die nicht ängstlich war, das Geschehen in der Riege der Milchkühe dennoch mit einigem Abstand beobachtete und dabei wirkte als hätte sie die Fähigkeit – wenn sie die Lage erst mal gecheckt hat – bald als souveräne Kuh durch den Stall zu schreiten. So ging ich einige Jahre gefühlt Seite an Seite mit Ora durch den Alltag der Milchkühe und sie entwickelte sich tatsächlich zu der erwartet stattlichen Kuh, mit schönen Hörnern, einem großrahmigen Körperbau, einer ansehnlichen Milchleistung und einem souverän, gelassenen Wesen.

Nachdem ich vor mittlerweile 2 ½ Jahren den Stall als Arbeitsbereich verließ, fanden Geschichten über Ora in unserer Familie Einzug. Ora hatte darin die Rolle der Superkuh, welcher bei Vollmond perlmuttene Flügel wuchsen und die sich – vorausgesetzt sie konnte ordentlich Anlauf nehmen – nächtens in die Lüfte erhob, um die Welt zu erkunden…

Ja, so entsteht manchmal eine ausgeprägte Bindung des Menschen zu den ihm anvertrauten Nutztieren, die es schwer macht den letzten Weg zu gehen. Dennoch wird die Entscheidung irgendwann aus unterschiedlichsten Gründen getroffen. Bei Ora war der Hauptgrund eine Bänderverletzung im Kniegelenk der Hinterhand, die nicht in den Griff zu kriegen war, ihr das Laufen schwer machte und folglich dazu führte, dass sie mehr und mehr abbaute. Ich bin dankbar dafür, diese tolle Kuh bei uns gehabt zu haben, denn sie hat uns auf so vielfältige Weise gedient. So hat sie uns jährlich gut 6000 Liter Milch gespendet, hat einige Kälber geboren und ihre Mutterrolle sehr schön ausgeführt, hat die Fruchtbarkeit unserer Böden durch ihren wertvollen Mist genährt, hat eine ausgleichende Rolle im Herdenverband der Milchkühe übernommen, hat uns als Hauptfigur einiger wunderbarer Geschichten gedient und uns nun sogar noch ihr Fleisch überlassen…

Zum Glück hat Ora eine Tochter (Ziska) zu Welt gebracht, sie ist nun 1 ½ Jahre alt und wird bald auf ihre eigene Art in die Fußstapfen ihrer Mutter treten. Und psst… wenn man ganz genau hinsieht, kann man auch an Ziskas Schulterblättern schon ein leichtes Glitzern entdecken, dass möglicherweise auf eine gewisse Eignung als Superkuh hindeutet…

Mit phantastischen Grüßen

für die Hofgemeinschaft Anna Jahn

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